Wien, Österreich — Eindrücke vom 61. Eurovision Song Contest in Stockholm
Zwei Wochen war das Eurovision Austria Team in Stockholm vor Ort. Wir haben Zoë bei den Proben, Presseterminen, Auftritten und Live-Shows begleitet und natürlich euch mit den wichtigsten Informationen rund um ihre Mitstreiter versorgt. Für Österreich war der heurige Song Contest einer der erfolgreichsten in der Geschichte. Aber dazu später etwas mehr.
Stockholm als Gastgeber
Der 61. Eurovision Song Contest in Stockholm war für die schwedische Hauptstadt ein willkommenes Aushängeschild. Der Kungträdsgården wurde zur Eurovision Village umgestaltet. Eine Bühne und viele kleine Stände machten Lust auf den Song Contest. Hier herrschte an den Tagen vor dem Finale Volksfeststimmung. Wenige Gehminuten vom Eurovision Village entfernt lagen der EuroClub und das EuroFanCafé. Beide Institutionen hat man in ein Zelt direkt vor dem königlichen Palast untergebracht. Von dort hatte man einen wunderbaren Blick aufs Wasser! Hier ging so mancher Abend für den ein oder anderen bis zum Sonnenaufgang!
Angeblich hatte Mans Zelmerlöw — ähnlich wie Conchita vergangenes Jahr in Wien — die U-Bahn-Ansagen gemacht. Davon habe ich leider nichts mitbekommen, oder bin ich einfach mit der falschen Linie gefahren? Der Wettergott hatte uns täglich mit Sonne belohnt. Das war auch wichtig, denn im Schatten war es in Stockholm bitterkalt gewesen. Die Schweden schien das nicht zu stören. Viele liefen in kurzen Hosen oder Tanktops herum. Nicht zur Nachahmung empfohlen!
Bühnenshow und Atmosphäre
Die Bühne hatte neue Maßstäbe gesetzt. Der Boden und die Bühnendeko wurde komplett mit LEDs verkleidet. Dies ermöglichte dreidimensional wirkende Animationen. Das hat bei Sternenbildern am besten funktioniert, von denen Israel, Russland und Frankreich exzessiv Gebrauch gemacht hatten. Mir erschien jedoch diese Bühne manchmal zu technisch, da die Qualität der Auftritte stark von den Grafiken abhängig war und weniger von der Bühne selbst.
Die Songs
Unter den 42 Songs, die teilnehmen durften, waren heuer nur wenige dabei, die im Gedächtnis bleiben. Ganz klarer Trend in diesem Jahr war das sogenannte „Sweden Shopping“ — der massive Einkauf von Songs und Produzenten aus Schweden. Das trug mitunter dazu bei, dass die musikalische Vielfalt gehörig auf der Strecke blieb.
Hervorgehoben haben sich vor allem Beiträge aus Ländern, die normalerweise nicht zu den großen ESC-Nationen gehören. Dazu zählte der mazedonische Beitrag Dona von Kaliopi. Leider schaffte es Kaliopi nicht ins Finale. Aber auch der bulgarische Beitrag If Love Was A Crime von Poli Genova hatte überzeugt. Poli war auch die Einzige, die dann ihre Backgroundsänger aus den tiefen LED-Leinwandschluchten nach vorne holte. Für Bulgarien gab es schließlich den vierten Platz!
Top-Favorit Sergey Lazarev schaffte nur den dritten Platz. You’re The Only One war eine an die Grenze des Machbaren gehenden Melange aus Powerpop, Tanz und 3D-Kletterwand. Auch wenn viele nun vermuten, dass die Juroren bewusst einen russischen Sieg verhindern wollten, so lag es doch an der völlig überfrachteten Show selbst. Russland hätte gewonnen, wäre die Inszenierung viel kompakter gewesen. Vielleicht hätte man auch viel mehr auf den Charisma von Sergey setzen sollen, denn er ist ein sympathischer, bodenständiger und lieber Mensch, der es trotz des Trubels um ihn immer wieder schaffte, er selbst zu bleiben.
Sound of Silence vom australischen Stimmwunder Dami Im kam auf den zweiten Platz und gehörte zu den zeitgemäßen futuristischen Popsongs, obwohl der Auftritt bei aller Professionalität ein bisschen zu kühl und zu künstlich wirkte — da halfen auch nicht die unzähligen Swarosvki-Kristalle, die Dami Ims Kleid zum Funkeln brachten. Die Australier haben aber nun zum zweiten Mal in Folge eine Platzierungen in den Top 5 geschafft. Das muss man natürlich erst einmal schaffen!
Der ukrainische Beitrag 1944 von Jamala war ein Favorit für die Top 3. Dass es aber zum Sieg reichen würde, dass hat man dann doch nicht gedacht. Das Lager der Eurovision Fans ist gespalten. Die einen finden den Song großartig. Die anderen können mit dem „Geschrei“ nichts anfangen. Trotzdem: Der Song erreichte den zweiten Platz im Televoting und Jury-Voting. Es muss genügend Menschen gegeben haben, die den Song berührend fanden. Bei mir sorgte die unterschwellige politische Note des Liedes für Dissonanzen. Trotzdem: Jamala ist eine großartige Sängerin und hat den Sieg mit ihrem selbst geschriebenen Lied verdient!
Erfolg für Österreich
Aber nun zu unserer Zoë: Für Österreich liest sich die Bilanz beim Song Contest glänzend. Zoë hat im Finale den 13. Platz erreicht und gehört zu den Gewinnern der Herzen. Zoë sorgte zauberte bei den Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Jeder freute sich darüber, dass eine bildhübsche Österreicherin auf Französisch sang — und das mit zuckersüßer Leichtigkeit.
Das beste Ergebnis für Österreich erzielte Zoë im ersten Halbfinale. Sie landete beim Televoting auf dem zweiten Platz! Das ist die zweitbeste Platzierung Österreichs beim Televoting seit Einführung der Semifinale! Wir freuen uns riesig für Zoë.
Das Voting
Die größte Innovation in diesem Jahr war natürlich die getrennte Präsentation der Jury- und Televoting-Ergebnisse.
Viele hatten Angst, dass der Song Contest dadurch seinen Charme verlieren würde. Nun ja, man kann schon sagen, dass durch diese neue Art der Ergebnisdarstellung der gute alte Grand Prix Geschichte ist. Allerdings verlief das Voting noch nie so fließend wie in diesem Jahr. Das liegt unter anderem daran, dass die Sprecher nicht mehr frei sprechen durften. Sie mussten einen mit der EBU abgestimmten Satz vortragen und durften nur das Land nennen, das zwölf Punkte bekommen hat. Daher blieb uns so manche fragwürdige Äußerung und so mancher verbaler Ausrutscher erspart. Das sind alles Dinge, die natürlich früher den Grand Prix so ausgemacht haben. Dieses neue System schafft eine gewisse Transparenz. Denn nun wissen die Zuschauer, wie die Jury und sie selbst abgestimmt haben.
Die eigentliche Idee der getrennten Abstimmung war diejenige, dass man dadurch die Spannung erhöhen wollte. Das ist der EBU gelungen. Dann erst mit der letzten Wertung war klar, dass die Ukraine den Wettbewerb gewonnen hat. Man musste also nicht die ganze Zeit immer mitrechnen, sondern fieberte bis zum Schluss mit. Aber: Es sei zu erwähnen, dass nach dem alten System laut eurovisionworld.com Australien(!) gewonnen hätte. Die Diskussion um das Voting wird munter weitergehen.
Fazit
Der Eurovision Song Contest in Stockholm war für Österreich ein Erfolg. Zoë war die Gewinnerin der Herzen. Das schwedische Fernsehen hatte eine bombastische Show hingelegt, die ein wenig zu technisch daherkam. Die Ukraine hat den Wettbewerb überraschend, aber verdient gewonnen. Das neue Votingsystem wird uns noch länger beschäftigen.